Die Stadt Usedom liegt im Achterland am Usedomer See südlich der großen Badeorte an der Ostsee. Nur wenige Touristen und Wassersportler kommen hierher. Einige Lokalpolitiker wollen das ändern - und planen einen modernen, großen Segelhafen, der die Stadt nachhaltig aufwerten soll. Doch dagegen regt sich Widerstand. NDR Info hat sich vor Ort umgesehen und umgehört.
Viel macht er wirklich nicht her, der Hafen der Kleinstadt Usedom. Das nüchterne Ankerbecken am Stettiner Haff hat schon bessere Tage gesehen. Ein Ausflugs- und ein Fischerboot liegen an der stark verwitterten Kaimauer. Der betongepflasterte Vorplatz wirkt trostlos und verlassen. Auch im Sommer, während der Saison, verirren sich nur wenige Segler hierher.
Dabei ist der Standort ideal, meint Bürgermeister Jochen Storrer (parteilos). Sein Plan: das alte Becken zuschütten und einen ganz neuen Hafen bauen - eine veritable Marina. "Wir hoffen wirklich, dass es hier ein bisschen Aufschwung gibt", sagt Storrer. "Wenn man sich mit Seglern unterhält in anderen Häfen, die sagen immer alle: 'Baut mal euren Hafen, da kommen wir gerne rein, weil er so geschützt liegt.'" Der Bürgermeister hofft, dass die Segler Flair in den Hafen bringen - und der Stadt Umsatz bescheren.
Widerstand gegen überdimensionierte Pläne
Ein Investor ist bereits gefunden, der für insgesamt rund zehn Millionen Euro auch Ferienwohnungen und eine Gaststätte an der neuen Marina in Usedom bauen will. Die öffentlichen Kosten werden auf etwa sechs Millionen Euro geschätzt, den Großteil davon soll das Land übernehmen. Doch in der Stadt selbst regt sich Widerstand. "Völlig überdimensioniert" findet etwa Rika Harder die Neubaupläne. Natürlich müsse der Hafen saniert werden, sagt die Betreiberin des Ausflugsschiffes im Hafen. Aber doch nicht als Marina mit über hundert Liegeplätzen: "Wenn man das vernünftig und klug anpackt, kann man das auch so machen, dass es attraktiv ist und romantisch bleibt." Der Hafen solle ein Anziehungspunkt in der Region sein und nicht aussehen "wie ein 08/15-Hafen mit Beton und Stahl". So etwas gebe es schon zur Genüge, meint Harder.
Kritiker fürchten Verlust von Usedoms Charme
Bekommt Usedom eine Luxus-Marina?
NDR Info - 09.03.2016 06:50 UhrAutor/in: Michael Weidemann
Dass der Hafen von Usedom saniert werden muss, bezweifelt niemand. Aber ist eine Marina die richtige Lösung? Der Streit spaltet die Stadt auf der gleichnamigen Insel.
Auch der SPD-Kommunalpolitiker Günther Jikeli aus der Stadtvertretung fürchtet, dass die historische Kleinstadt Usedom mit der Marina ihren Charakter verlieren könnte: "Das Hafenbecken ist ein Zugang auch für die Entwicklung unserer gesamten Stadt. Das muss man aber so machen, dass es nicht wie geleckt aussieht, sondern dass es eben typisch Usedom ist."
Die Stadt wäre nicht die erste im Land, die durch ein überdimensioniertes Hafenprojekt in schweres Fahrwasser gerät, stimmt Helmut Risch den örtlichen Kritikern zu. Der Yacht- und Schiffstechniksachverständige weist darauf hin, dass es in Mecklenburg-Vorpommern schon heute zu viele Marinas, aber zu wenige Boote gibt: "Hier eine Marina zu bauen, das ist eine Fehlinvestition. Es gibt keinen Bedarf dafür. Die Leute fahren in so ein Revier nur rein, wenn sie da auch Segeln können. Aber nicht hierher, wo man nur 1,5 Meter tief sein darf." Die großen Marina-Pläne hält Risch für eine Illusion, da Usedom kein Standort für Sportboottourismus sei: "Da kommt keiner hin." Aus seiner Sicht würde es reichen, das alte Becken für ein paar Hunderttausend Euro zu sanieren.
Neidischer Blick zur Ostseeküstenseite der Insel
Bürgermeister Storrer und die Mehrheit seiner Stadtvertreter aber setzen unbeirrt auf den Bau des modernen, großen Segelhafens und hoffen, dass der Vergabeausschuss des Landes die nötigen Fördermittel bewilligt. Mit der Marina würde die Stadt am Haff endlich von dem Tourismusboom profitieren, hofft Storrer, der die renommierten Badeorte auf der anderen, der Ostseeküstenseite der Insel Usedom längst reich gemacht hat.